Literatur des 19. Jahrhunderts

Zwischen dem Wiener Kongress 1815 und der Revolution 1848 liegt eine Zeit innen- und außenpolitischer Stabilität – die Biedermeierzeit. Nach den Unruhen der Französischen Revolution und den Napoleonischen Kriegen rückt das Glück der privaten Idylle in den Vordergrund der bürgerlichen Lebenswelt. Zugleich werden Forderungen nach demokratischen Rechten und Freiheiten von den wiedererstarkten deutschen Fürsten konsequent bekämpft. „Man bleibe ruhig! Ruhe ist die erste Bürgerpflicht", lautet die Devise. Doch ist die Ruhe nicht von Dauer. Vor dem Hintergrund des wirtschaftlichen und sozialen Aufstiegs vieler Bürger wird der Wunsch nach politischer Teilhabe wieder laut.

Heinrich Heine ist einer der wichtigsten deutschen Autoren der endenden Romantik und des Vormärz. Sein Werk ist facettenreich, neben Gedichten und Prosa veröffentlicht er polemische Streitschriften und Satiren. Als Journalist begründet er moderne literarische Formen wie das Feuilleton und den Reisebericht. Bewundert und zugleich gefürchtet ist seine Kritik an den sozialen und politischen Verhältnissen. 1831 geht Heine nach Paris ins Exil. Zu seinen bekanntesten Werken zählen das „Buch der Lieder“, „Die schlesischen Weber“ und „Deutschland. Ein Wintermärchen“. In letzterem verarbeitet er 1843 nach einem Besuch in Deutschland seine Enttäuschung über die unverändert reaktionären politischen Verhältnisse.

„Friede den Hütten! Krieg den Pallästen!“ Nur heimlich kann Georg Büchner am „Hessischen Landboten“ arbeiten. Er kämpft für politische und vor allem soziale Veränderungen. Seine Flugschrift über das Elend der Landbevölkerung ist eine Provokation für die Herrschenden. Mit „Woyzeck“ stellt er erstmals einen Proletarier in den Mittelpunkt eines Dramas. Als ausgebildeter Arzt kritisiert er den zynischen und menschenverachtenden Blick der Naturwissenschaft. In „Dantons Tod“ geht es um den Konflikt zwischen dem kampfbereiten Robespierre und dem revolutionsmüden Danton. Büchner gilt als einer der wichtigsten Vertreter des Vormärz. Fast alle seine Schriften zählen zum festen Repertoire deutscher Theater und des Deutschunterrichts.

„O schaurig ist's über’s Moor zu gehn, Wenn es wimmelt vom Heiderauche…“, beginnt eines der bekanntesten Gedichte von Annette von Droste-Hülshoff. „Der Knabe im Moor“ erzählt von einem Jungen, der angesichts geisterhafter Dünste und Geräusche beim Durchqueren eines Moors in Panik gerät, bis er das erlösende Licht sieht. Die Dichterin aus westfälischem Adel gibt 1844 ihren ersten Gedichtband heraus. Mit ihrer realitätsnahen Lyrik ist sie ihrer Zeit weit voraus. Bereits zwei Jahre zuvor veröffentlicht sie die Erzählung „Die Judenbuche“, in der sie die Situation der armen Landbevölkerung thematisiert. Annette von Droste-Hülshoff ist eine der wichtigsten deutschsprachigen Dichterinnen des 19. Jahrhunderts.

August 1819: Die deutschen Bundesstaaten beschließen weitreichende Zensurmaßnahmen, die während des Vormärz mit harter Hand durchgesetzt werden. Kritische Autoren sollen für alle Zeit verstummen. Selbst Goethe droht die Zensur. 1835 werden die Schriften des Jungen Deutschland verboten. Mit der Revolution 1848 fallen Zensur und Verbote. Der Bücher- und Zeitungsmarkt boomt. Heinrich Heine kommentiert ironisch: „Ach! Ich kann nicht mehr schreiben, ich kann nicht, denn wir haben keine Zensur! Wie soll ein Mensch ohne Zensur schreiben, der immer unter Zensur gelebt hat?“ Der neuen Meinungsvielfalt folgt das politische Erwachen breiter Bevölkerungsschichten.