In den Kirchen Nürnbergs wird bald Luthers Lehre vom „Priestertum aller Gläubigen“ verkündet: Kein Amtspriester muss mehr zwischen Gott und Mensch vermitteln. Alle Gläubigen sind vor Gott gleich. Dieser radikale Gedanke entwickelt eine enorme gesellschaftliche Sprengkraft – gerade in den Städten. Denn hier können immer mehr Leute die Flugschriften lesen oder einander vorlesen. Die Städte bieten einen besonders fruchtbaren Boden für neue Gedanken.
Mit der neuen Lehre wächst die Kritik an der Kirche. Für die ärmeren Schichten geht es dabei nicht nur um den Glauben – es geht auch um soziale Gerechtigkeit. Ihre Unzufriedenheit vermischt sich mit den Protesten der Bauern, so auch in Nürnberg. Es wird berichtet: „Eine große Menge an Gesellen, Lehrlingen und Dienstboten mit Messern und Hämmern fordert Steuer- und Abgabenfreiheit, sonst werde man das Rathaus aufklopfen und die Ratsherren erschlagen.“
Der Magistrat im Rathaus der Stadt Nürnberg muss handeln. Um den sozialen und religiösen Frieden wiederherzustellen, wird im Großen Saal ein Religionsgespräch angesetzt. Geladen sind Vertreter der alten – und der neuen Lehre. Papsttreue Mönche debattieren mit protestantischen Predigern – die aufgebrachte Menge draußen hat sich längst entschieden. In den Akten heißt es: „Die Leute warteten auf die Mönche und hätten sie gerne zerrissen. Etliche schrien man solle ihnen die Mönche zum Fenster hinauswerfen.“
1525 führt Nürnberg als erste Reichsstadt die lutherische Reformation verbindlich ein. Rechtlich gesehen ist das eigentlich unmöglich, denn die religiöse Oberhoheit hat der Bischof von Bamberg. Der protestiert auch vehement – aber vergeblich. Die politischen Machtverhältnisse haben sich gedreht. Jetzt bestimmt der Rat der Stadt über die kirchlichen Institutionen: Die Klöster werden aufgelöst oder dürfen zumindest keinen Nachwuchs mehr aufnehmen. Die Stadt verwaltet den Kirchenbesitz und besetzt die führenden Kirchenämter. In allen Kirchen Nürnbergs wird nun lutherisch gepredigt. Der Reformator ist begeistert. „Nürnberg, du leuchtest wie die Sonne unter den Sternen“, lässt er sich im März 1525 vernehmen. Viele Reichsstädte folgen bald dem Beispiel Nürnbergs.