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Onno Schroeder, 07.12.2020

Seit Jahrzehnten heißt es richtigerweise, dass die Zahl der Überlebenden des Holocausts immer kleiner wird. Und mittlerweile ist es so, dass Gespräche mit Menschen, die die nationalsozialistische Herrschaft bewusst selbst erlebt haben, nur noch selten möglich sind. Das prägende und mahnende Element dieser Auftritte vor Schulklassen und der Öffentlichkeit im Allgemeinen wird in Zukunft fehlen. Die Frage lautet folgerichtig: Wie erinnert man zukünftig an den Holocaust? Wie gelingt es neuen Generationen eindrücklich begreifbar zu machen, dass an den Holocaust weiterhin erinnert werden muss und das "Nie wieder" an Aktualität eher zugenommen, denn an Bedeutung verloren hat.

Die Unterrichtsreihe "geschichte interaktiv" widmet sich diesen Fragen in ihrer aktuellsten Produktion "Holocaust - Erinnern reicht nicht" auf schlichte und eindrückliche Weise. Die Folge ist in vier Filme aufgeteilt.

Zunächst wird - anhand eines Zeitstrahls- die Geschichte der deutschen Erinnerungskultur in den Blick genommen. Dabei wird chronologisch geschaut, welche Ereignisse und kulturellen Einflüsse im Laufe der deutsch-deutschen (1945-1990) und der gemeinsamen bunderepublikanischen Geschichte (1990-2020) für die Gesellschaft prägend waren. Neben den bekannten Ereignissen (z.B. Nürnberger Prozesse) werden auch weniger in den Fokus genommene Faktoren, wie die Ausstrahlung der amerikanischen Fernsehserie "Holocaust" berücksichtigt. Dieser erste Teil gibt einen kompakten, aber auch tiefgründigen Einblick in 75 Jahre Deutsche Erinnerungskultur.

In der Folge wird - stellenvertretend für Tausende - das Schicksal eines jungen Mädchens in Bergen-Belsen dargestellt. Die 10-jährige Yvonne Polláková kommt aus der Slowakei ohne Eltern nach Bergen-Belsen. Wie gestaltete sich ihr Lageralltag? Wie schafft sie es zu Überleben?

Im dritten Film wird das Konzentrationslager-System anhand des Beispiels des KZ Bergen-Belsen vorgestellt.

Im letzten Film wird die 86-jährige Zeitzeugin Yvonne Koch (eben jene, die als Kind den Holocaust überlebte) vorgestellt. In diesem Film wird deutlich, welche Wirkung Gespräche mit Überlebenden haben können. Insofern macht der Film Hoffnung, dass ein Erinnern ohne "echte" Holocaust-Zeitzeugengespräche in Zukunft möglich ist.

Die Filme sind abermals professionell und ansprechend gemacht. Um das Thema der Erinnerungskultur und ihrer Problematik zu veranschaulichen sind die Filme bestens geeignet. Tatsächlich bin ich der Meinung, dass diese Filme überfällig sind und - wenngleich sie das persönliche Zeitzeugengespräch nicht ersetzen können - so doch die beste Alternative darstellen.

Anne Roerkohl und ihr Team zeigen eindrücklich, dass sie Antworten auf die eingangs genannten Fragen gefunden haben. Die Arbeit im Geschichts- und Sozialkundeunterricht wird mit diesen Produktionen ganz klar bereichert. Mit seinen sachlichen und eindrücklichen Kommentaren macht der Historiker Jens- Christian Wagner die Produktion noch ansprechender. Für Bildungseinrichtungen gilt: eine bessere und aktuellere Darstellung der Problematik ist schwer vorstellbar.

Die im Download-Bereich zur Verfügung stehenden Materialien sind gut - erreichen aber nicht ganz an das exzellente Niveau der Filme.

Gesamturteil: Eine der besten Produktionen der letzten Jahre und jeder weiterführenden Schule uneingeschränkt zu empfehlen!

Onno Schroeder
Deutsche Internationale Schule Den Haag
Van Bleiswijkstraat 125
2582 LB Den Haag
Niederlande