Volker Habermaier, 16.07.2019
Antike lebendig gemacht
Seit Jahren kenne ich die DVDs „Geschichte interaktiv“ und arbeite gerne mit ihnen. Als Schulbuchautor und Verfasser einiger fachdidaktischer Aufsätze zur Antike war ich besonders auf die DVD „Das antike Griechenland I. Götterwelt und Demokratie“ gespannt.
Schon der Titel bringt das für die Antike bezeichnende In-, Mit- und Gegeneinander von Religion und Politik auf den Begriff. Die vier Module „Die Polis Athen – Geburtsstätte der Demokratie“, „Die Götterwelt der Griechen“, „Das Orakel von Delphi“ und „Die Olympischen Spiele“ werden dem Titel gerecht und bieten die Themen, die in der Sekundarstufe I fast aller Bundesländer verbindlich sind und auch auf das Interesse vieler Schülerinnen und Schüler stoßen.
Ich analysiere genauer das Modul zur attischen Demokratie. Der Lehrfilm verknüpft in geschickter Weise Aufnahmen des heutigen Griechenlands und Spielszenen mit Stellungnahmen von Fachleuten und zeigt zahlreiche Rekonstruktionen und archäologische Zeugnisse.
Die Lehrkraft, der der Konstruktionscharakter von Geschichte wichtig ist, wäre ein Hinweis auf die Verquickung verschiedener Möglichkeiten hilfreich, etwas ins Bild zu setzen, sowie deren Reflexion. Unfreiwillig komisch wird dies, wenn die Sprechstimme erklärt, das Wort „Gymnasion“ hänge mit der Nacktheit beim Sport zusammen, wenn der Spielfilm aber – aus sehr nachvollziehbaren Gründen – eben keine nackten Sportler zeigt. Da sich die Machart durch die gesamte Reihe „Geschichte aktiv“ zieht, wäre vielleicht ein Modul, das online erhältlich ist und für alle DVDs gelten könnte, hilfreich. Medienkompetenz könnte so ausgebildet werden. Schließlich gewinnen nicht wenige Schülerinnen und Schüler ihre historische Bildung aus Medien, die außerhalb der Schule wirken (TV-Dokumentationen, Museen und Ausstellungen, Videospiele).
Der Film beginnt mit der zunächst nicht weiter ausgeführten Feststellung, dass sich in Athen etwas Unerhörtes ereignet habe, die Geburt der Demokratie. Glücklicherweise wird später die Entstehung der Demokratie aus den Veränderungen des Militärischen erklärt. Es fehlt allerdings der Hinweis, dass die Demokratie nicht nur in Griechenland, sondern auch in Athen eher die Ausnahme als die Regel gewesen ist.
Die Verfahrensweisen der attischen Demokratie werden anschaulich erläutert. Auch der Aufbau der Gesellschaft der Polis wird – hier unterstützt durch Schaubilder – verständlich gemacht. Leider wird im Bemühen um didaktische Reduktion der Partizipation der vom Bürgerrecht Ausgeschlossenen, also der Metöken und der Frauen, zu wenig Beachtung geschenkt: In der Teilnahme an den Kulten der Demokratie oder der Erfüllung öffentlicher Aufgaben etwa war auch ihnen Mitwirkung möglich. Die historische Entwicklung der attischen Demokratie wird sehr geschickt in ihren Grundzügen vorgeführt. Besonders die Schaubilder zu den Kleisthenischen Reformen sind didaktisch geschickt reduziert und gut ins Bild gebracht. Besonders gefällt die Bezeichnung der attischen Demokratie als „Mitmachdemokratie“ durch die Expertin Prof. Dr. Claudia Tiersch. Damit ist auch ein altersgemäßer Ansatzpunkt für weitergehende Reflexionen verschiedener Formen der Demokratie gegeben, den das Ende des Lehrfilms kurz formuliert. Erziehung zur Mündigkeit wird so ermöglicht – auch ein Verdienst einer vielfältig verdienstvollen DVD aus der bewährten Reihe „Geschichte interaktiv“.
(Volker Habermaier, OStD und Lehrer für Geschichte am Georg-Büchner-Gymnasium, Rheinfelden (Baden))