inn-joy, 13.06.2011
Von L. Zimmermann, Menden (Privatgymnasium WBG)
Revolutionen verändern unsere Welt – damals wie heute. Doch was ist eine Revolution? Wie unterscheidet sie sich von einem Putsch, einer Revolte oder einer Rebellion? Lassen sich Revolutionen vergleichen? Der Hauptfilm erklärt den Revolutionsbegriff und untersucht die Bedeutung von Gewalt, Medien, Heilsbotschaften und Gründungsmythen in Revolutionen. Außerdem geht er der Frage nach, inwieweit es sich bei den Ereignissen in der DDR 1989 um eine Revolution gehandelt hat.
Sechs Module (je ca. 15 Min.) widmen sich je einer Revolution und vertiefen die jeweiligen politischen und historischen Geschehnisse. Ursachen, Kontext, Phasen, Träger sowie Ziele und Folgen der Revolutionen werden kapitelweise herausgearbeitet und vergleichbar gemacht. Der DVD-ROM-Teil (Dt. / Engl.) enthält weiteres Material und ein didaktisch-methodisches Konzept, wie die Filme im Schulunterricht auf- und nachbereitet werden können. Das englische Material ist speziell auf den bilingualen Unterricht abgestimmt.
Kritik:
Unser Grundgesetz. Jeder kennt es und nimmt es als selbstverständlich hin. Doch kaum einer fragt sich, wo es seine Wurzeln hat. Was musste alles geschehen, bis die heute im Grundgesetz befindlichen Artikel Realität wurden? Die Würde des Menschen ist unantastbar, so der Artikel 1. Jeder hat das Recht auf freie Entfaltung und das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit, so zu finden in Artikel 2. Die Gleichheit aller Menschen findet sich in Artikel 3. All diese Grundsätze und viele andere mehr entstammen nicht der Kreativität unserer Politiker. Vielmehr wurden sie bereits in der US-amerikanischen „Virginia Bill of Rights“ verankert. In der großen Französischen Revolution wurden sie dann im „alten Europa“ erstmals verteidigt (England war bereits 1215 mit dem großen Freiheitsbrief einen Sonderweg gegangen) und ihre Durchsetzung forderte zehntausende Menschenleben. Letztmalig durchgesetzt wurden sie im Jahr 1989, als die Menschen das DDR-Regime stürzten.
Diese und viele andere Aspekte der großen Revolutionen der vergangenen Jahrhunderte schildert die DVD „Längsschnitt Revolutionen“ aus der Reihe „Geschichte interaktiv“.
Die DVD beginnt mit der Amerikanischen Revolution 1776. Aufgeteilt ist das Modul in „Ursachen und Kontext“, die „erste Phase“ mit der „Revolte gegen die englische Krone“, die „zweite Phase“ mit dem „Kampf um die Unabhängigkeit“ sowie die „dritte Phase“ mit der „Amerikanischen Verfassung“. Die historischen Zusammenhänge erläutert wie gewohnt die sympathische Erzählerin. Zwischen einzelnen Szenen aus der beliebten Dokumentation „Scenes from American History“, erklären Historiker die Zusammenhänge in adressatengerechter Weise. So erhalten sowohl historische Laien, als auch historisch Interessierte gleichermaßen fundierte Informationen zur Revolution. Dazwischen gibt es Bilder von historischen Geschehnissen und Gebäude, so wie sie heute aussehen, um eine Verbindung aus Vergangenheit und Gegenwart zu bilden. Eine aufwendige Grafik der amerikanischen Verfassung rundet das visuelle Angebot ab.
Das zweite Modul umfasst die Französische Revolution. Auch hier stehen zunächst die Ursachen und der Kontext im Fokus. Dann folgt ein Unterkapitel zu Ausbruch und Trägern der Revolution, bevor auch hier die einzelnen Phasen der Revolution beleuchtet werden. Die erste Phase umfasst die Jahre 1789-92, die Zeit der „konstitutionellen Monarchie“. Phase zwei umspannt die Jahre 1793-94 mit der Zeit der Republik und der Jakobinerdiktatur, während Phase drei schließlich die Zeit des Direktoriums darstellt (1795-1799). Gesprochen werden die historischen Zusammenhänge von einem ebenfalls sehr professionellen Sprecher. Gerahmt werden die Erzählungen von historischen Gemälden, Karikaturen, Zeichnungen und kurzen Sequenzen, in denen Historiker und Historikerinnen Zusammenhänge erläutern und vertiefen.
Revolution drei ist die gescheiterte deutsche Revolution von 1848/49. Gegliedert ist das Modul ebenfalls in Ursachen und Kontext, sowie in drei Phasen. Welche Auswirkungen haben die Ereignisse in Frankreich auf die deutschen Bürger und die Fürsten (Stichwort: Restauration und Wiener Kongress)? Welche Bedeutung hatte die Revolution 1848 in Frankreich für Deutschland? Dies sind nur zwei der zahlreichen Fragen, die das Kapitel „Märzrevolution“ beantwortet. Phase zwei beinhaltet die erste deutsche Nationalversammlung, die so genannte „Frankfurter Paulskirchenversammlung“. Hier werden die Herausforderungen an die Versammlung, ihre Differenzen und Schwierigkeiten, aber auch ihre historische Bedeutung geschildert. Der „Sieg der Gegenrevolution“, der die Bürger zurück aus dem politischen Engagement in ihre heimische Umgebung oder ins Exil trieb und die Fürsten zu neuer Stärke brachte, ist Thema der dritten Phase dieses Moduls. Auch hier bieten die Produzenten der DVD wieder erstklassige Zusammenfassungen und Erläuterungen der historischen Zusammenhänge der Revolution und ihrer Auswirkungen auf die deutsche Geschichte.
Modul vier gibt einen Überblick über die Russische Revolution von 1917. Wie in den übrigen Modulen gilt es auch hier zunächst nach den Ursachen und dem Kontext zu fragen. Die beiden Phasen geben einen Einblick in die demokratische Februarrevolution und die Oktoberrevolution. Hier findet der Zuschauer – neben den bereits genannten Elementen – kurze Originalfilmaufnahmen aus Russland, welche die Geschehnisse noch weiter intensivieren. „Utopie und Terror“ lautet der Titel des dritten Kapitels dieses Moduls. Hier geht es um das Bild des neuen Menschen, welches die Bolschewiki hatten, und ihr Machtstreben. Ein Schwerpunkt liegt dabei auf der terroristischen Geheimpolizei, der so genannten „Tscheka“. Mit dem russischen Bürgerkrieg schließt das Modul.
Auf die Darstellung der „Industriellen Revolution“ wird von Seiten der Produzenten verzichtet. Stattdessen befasst sich das folgende Modul Nummer fünf mit der „Deutschen Revolution“ von 1918/19. Allerdings wird die Revolution, die den Bogen zwischen dem endgültigen Untergang des Deutschen Kaiserreichs und dem Beginn der Weimarer Republik schlägt, von vielen Historikerinnen und Historikern nicht in die Riege der „klassischen“ Revolutionen gezählt, da diese Revolution anders verlaufen ist, als „typische“ Revolutionen. Warum sie dennoch als „Revolution“ bezeichnet werden kann, erläutert das Modul. Unterteilt ist es in Ursachen und Kontext, Phase eins, die „sozialistische Revolution November 1918“ und Phase zwei, „zwischen Radikalisierung und Demokratisierung ab Januar 1919“. Anhand zahlreicher Fotos und Filmausschnitten werden die Auseinandersetzungen zwischen Kommunisten, Demokraten und Rechten, zwischen Republik-Befürwortern und Gegnern, sowie dem beschwerlichen Start der Weimarer Republik, skizziert.
Das letzte Modul beschäftigt sich mit der jüngsten aller Revolutionen, der „friedlichen Revolution“ von 1989. Auch dieses Modul beginnt natürlich mit den Ursachen sowie dem Kontext und umfasst drei Phasen. Zunächst der „Ausreisewelle“ und den „Montagsdemonstrationen“. Hier geht es um die Ausreisen nach Öffnung des „Eisernen Vorhangs“ in Ungarn, die ersten Demonstrationen in Leipzig nach Bekanntwerden der Wahlfälschungen sowie dem 40. Jahrestag der DDR-Gründung, die den Höhepunkt der Demonstrationen darstellt. Zu Wort kommen hier Zeitzeugen der „Revolution“ in der DDR. Zahlreiche Originalaufnahmen belegen, wie die Massen mobilisiert wurden und das Regime nach und nach in die Knie gezwungen wurde. Die zweite Phase thematisiert den „Mauerfall“. Im Mittelpunkt steht die legendäre Pressekonferenz Günther Schabowskis, in der er die Öffnung der Berliner Mauer verkündet, nichts ahnend, dass es eigentlich eine Sperrfrist für diesen Befehl gab. Das Modul endet mit Bildern der feiernden Menschen auf der Berliner Mauer. Die letzte Phase umfasst die Zeit der ersten freien Wahlen sowie der Wiedervereinigung am 03.10.1990.
Sollten Sie Lehrer sein und bilingualen Unterricht erteilen, dürfen Sie wahlweise die Module und den Hauptfilm auch in englischer Sprache aufrufen.
Ergänzt wird die DVD durch wie gewohnt erstklassig erstelltes Unterrichtsmaterial im DVD-ROM-Teil. Neben Material zum Hauptfilm, findet sich Material zu allen Modulen, sowie eine Tabelle, mit der die Lernenden die wichtigsten Aspekte der Revolutionen im Vergleich festhalten können. Mit den Methodenkarten zu „Karikatur“, „Fotografien“ und „Plakaten“ können die Schülerinnen und Schüler sich selbst Methoden zur Analyse der drei Quellenarten beibringen, oder mithilfe des Lehrers erarbeiten. Darüber hinaus gibt es Biographien zu wichtigen Persönlichkeiten der Revolutionen, Zeitleisten zu den Ereignissen der jeweiligen Revolutionen, eine umfassende Literatur-, und Linksammlung zu den einzelnen Themen sowie ein „Film Glossary“ mit Vokabelhilfen für den bilingualen Unterricht. Natürlich können sämtliche Materialien auch ausgedruckt werden. Die Texte und Quellen sind mit einem didaktisch-methodischen Kommentar für die Lehrkraft versehen, allesamt operationalisiert und dienen zur Erarbeitung, Festigung und Vertiefung des in den Modulen und dem Hauptfilm vermittelten Wissens.
Fazit:
Wie bei der Reihe „Geschichte interaktiv“ nicht anders zu erwarten, bietet auch die Folge „Längsschnitt Revolutionen“ eine hervorragende Übersicht über historische Geschehnisse, Zusammenhänge und Themen. Als abschließender Überblick in der Einführungsphase (Klasse 11) oder punktuell in der Reihe „Revolutionen“, die Inhalt des Lehrplans der Sekundarstufe II für das Fach Geschichte sind, eine rundum empfehlenswerte DVD.
Die inn-joy Redaktion vergibt 10 von 10 Punkten.