Skip to main content

Rita Stachowitz, 04.02.2018

Erster Weltkrieg III – Der Versailler Vertrag und die Folgen

Anlässlich des 100-jährigen Jubiläums des Endes des Ersten Weltkrieges, hat die Anne Roerkohl dokumentARfilm GmbH im dritten Teil ihrer Reihe zum Ersten Weltkrieg das Thema „Versailler Vertrag“ aufgegriffen und rundet mit der Folge 27 von „Geschichte interaktiv“ die Folge 20 zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges, den Materialschlachten, der Ost- und Westfront sowie die Folge 21 zur Heimatfront, Revolutionen und Kriegsende ab. Das für die Sekundarstufe I und II gedachte Filmmaterial mit fast 134 Minuten Laufzeit liegt für den Einsatz im bilingualen Unterricht auch in Englisch vor. Wie üblich, gibt es auch zu dieser Folge didaktisches Begleitmaterial für den Lehrer, was unter www.dokumentarfilm.com/weltkrieg-iii-versailles-und-die-folgen heruntergeladen werden kann.

Aufbau und Inhalt

Wer die Reihe „Geschichte interaktiv“ kennt, weiß, dass es in der Regel einen etwas längeren Hauptfilm und mehrere kürzere Module gibt, die den Hauptfilm thematisch vertiefen und ergänzen. Außerdem sind sowohl der Hauptfilm als auch die einzelnen Module noch in einzelne Kapitel untergliedert, die auch gesondert gezeigt werden können, je nach Bedarf. Hierin liegt der wohl größte Pluspunkt der Reihe. Man muss keine Dokumentation zeigen, die eine Dreiviertelstunde oder 60 Minuten dauert und man muss auch nicht spulen, um zur richtigen Stelle zu gelangen, wenn man nur zu einem bestimmten Thema eine Sequenz zeigen will. Dadurch verliert man immer sehr viel Zeit im Unterricht. Nicht so bei „Geschichte interaktiv“. Hier kann man auch nur ein Modul zeigen, was im Durchschnitt eine Viertelstunde geht oder man zeigt nur ein Kapitel aus einem Modul oder dem Hauptfilm. Man kann dadurch den Unterricht optimal planen, muss nur diejenigen Sequenzen zeigen, die auch wirklich zum Stundenthema passen und verliert damit nicht unnötig Zeit. Deshalb nutze ich so gerne die Filme dieser Reihe.

Bei dieser Folge gibt es auch erstmals neue Filmformate. Bei „Geschichte im Film“ handelt es sich um den klassischen Unterrichtsfilm, den man bereits aus den anderen Folgen kennt. Neu sind jetzt die Formate „Geschichte im Fokus“, „Geschichte in Karten“, „Geschichte in Standpunkten“ und „Geschichte in Texten“.

Um klassische Unterrichtsfilme handelt es sich beim Hauptfilm und dem Modul 1. Der Hauptfilm ist gute 31 Minuten lang und gibt einen Überblick über die Entwicklungen in Europa nach dem Ersten Weltkrieg. Thematisiert werden unter anderem Woodrow Wilsons 14-Punkte-Plan für einen fairen Frieden, auf den die Deutschen setzten, die Friedensverhandlungen in Paris und deren Ergebnisse. Wie bei der Reihe „Geschichte interaktiv“ üblich, stützt sich der Film dabei u.a. auch auf historische Filmaufnahmen, Fotografien und kurze Experteninterviews. So werden verschiedene Aspekte von Dr. Kerstin von Lingen und Prof. Dr. Manfred Berg von der Universität Heidelberg sowie von Prof. Dr. Jörg Baberowski von der Humboldt-Universität zu Berlin näher erläutert.

Folgende Module ergänzen den Hauptfilm:

·        Modul 1: Deutschland und der Friedensvertrag von Versailles (fast 25 Minuten)

·        Modul 2: Der Zerfall der Imperien nach 1918 (fast 22 Minuten)

·        Modul 3: ExpertInnen bewerten den Versailler Vertrag (21 Minuten)

·        Modul 4: Historische Hintergründe zum Versailler Vertrag (21 Minuten)

·        Modul 5: Kriegserfahrungen (13 Minuten)

Das Modul 1 widmet sich speziell den Ereignissen in Deutschland ausgehend von den Waffenstillstandsverhandlungen in Compiègne über die Novemberrevolution in Deutschland und die Dolchstoßlegende bis hin zu den Bestimmungen des Versailler Friedensvertrages und dessen Unterzeichnung. Obwohl die Deutschen den Versailler Vertrag nur unter Zwang unterschrieben haben und ihn als ungerecht empfanden, wird im Film herausgestellt, dass der Erste Weltkrieg für Deutschland relativ glimpflich ausgegangen ist, weil es als potentielle Großmacht und als Nationalstaat bestehen bleiben durfte.

Das Modul 2 gehört zum neuen Format „Geschichte in Karten“ und informiert über den Zerfall Österreich-Ungarns, des Osmanischen Reiches und des Russischen Zarenreiches nach 1918 mit Hilfe von animierten Karten, Experteninterviews und historischem Bild- und Filmmaterial.

Beim Modul 3 handelt es sich um das Format „Geschichte in Standpunkten“. Hier bewerten Experten den Versailler Vertrag und beziehen u.a. Stellung zu der Frage, ob es nach 1918 eine echte Chance auf Frieden gab. So wird ein Beitrag zum multiperspektivischen Geschichtsunterricht geleistet.

Das Modul 4 gehört in die Kategorie „Geschichte im Fokus“ und beschäftigt sich mit historischen Hintergründen zum Versailler Vertrag. So beschäftigt sich das erste Kapitel beispielsweise mit der symbolischen Bedeutung von Schloss Versailles, in dem der Versailler Vertrag unterzeichnet wurde, während das dritte Kapitel die Friedenskonferenzen von 1815, 1919 und 1945 miteinander vergleicht.

Im Modul 5 geht es um „Geschichte in Texten“. Nach dem Ersten Weltkrieg waren viele Menschen traumatisiert. Einige verarbeiteten ihre Erlebnisse in literarischen Texten. Das wohl bekannteste Werk ist Erich Maria Remarques „Im Westen nichts Neues“. Die Theatergruppe „Freuynde + Gaesdte“ aus Münster präsentiert in diesem Modul vor Kriegsdenkmälern u.a. Ausschnitte aus diesem Roman.

Zusatzmaterial

Zur Folge 27 gibt es ebenfalls umfangreiches didaktisches Begleitmaterial, das auf der Website zum Download angeboten wird. Die übersichtliche Gliederung der DVD setzt sich auch beim Zusatzmaterial fort. Man kann hier gezielt das Material zum Hauptfilm oder zu einem der 5 Module ansteuern. Da es eine bilinguale DVD ist, gibt es auch noch die Sprechertexte und Glossare in Englisch.

Die Materialien enthalten zu jedem Modul und dem Hauptfilm jeweils einen didaktisch-methodischen Kommentar und Aufgaben zur Erarbeitung und/oder zur Festigung bzw. Vertiefung. Es gibt auch Methodenkarten zur Karikaturanalyse, zu Think-Pair-Share und zur Analyse von Denkmälern, die passend zu den Arbeitsaufträgen ausgewählt sind. Für das Modul 3 gibt es auch eine Musterlösung zu den Historikerzitaten zum Einstieg.

Im Material zum Hauptfilm gibt es u.a. vier Karikaturen zum Völkerbund, in der die Schüler nicht nur die deutsche und ausländische Sicht auf den Völkerbund herausarbeiten können, sondern sich auch in der Methode der Karikaturinterpretation üben können, die für den Geschichtsunterricht unerlässlich ist.

Gelungen sind auch die Beobachtungsaufträge, die das kompetenzorientierte Arbeiten fördern. Insgesamt gesehen eignen sich die Materialien sehr gut für den problemorientierten Geschichtsunterricht, in dem sich die Schüler selbst ein Urteil bilden sollen anhand verschiedener Quellen. Aber nicht nur die z.T. konträren Quellen, sondern auch Fragestellungen wie „War nach dem Grauen ein wirklicher Friede überhaupt möglich?“ fördern die Entwicklung der Urteilskompetenz der Schüler.

Das Begleitmaterial ist alles in allem gut durchdacht und strukturiert aufgebaut. Allerdings wäre es m.E. noch besser, wenn es nicht nur im pdf-Format vorliegen würde, sondern auch als Word-Dokumente. Denn dann könnte man sich die Aufgaben und Arbeitsblätter seinen individuellen Bedürfnissen zeitsparend anpassen und ggf. Aufgaben weglassen oder aus Platzgründen aus zwei Seiten eine machen, wenn das Kopierkontingent sich dem Ende neigt. Veränderbare Begleitmaterialien wären für mich noch das fehlende i-Tüpfelchen der Reihe.

Fazit

Die Folge zum Versailler Vertrag  rundet die Reihe zum Ersten Weltkrieg thematisch ab. Das Konzept der Reihe „Geschichte interaktiv“ mit den direkt anwählbaren Kapiteln der Hauptfilme und Module, den animierten Karten, dem historischen Filmmaterial und den Experteninterviews, die den Schülern anschaulich und verständlich historische Sachverhalte erläutern, ist der klare Vorteil gegenüber anderen Dokumentationen. Die neuen Filmformate sind eine gelungene Bereicherung für die Reihe, weil dadurch spezielle Themen, die vielleicht in einem normalen Modulfilm gar nicht angesprochen worden wären, näher betrachtet werden können. Deshalb ist auch diese Folge wieder absolut empfehlenswert für den Einsatz im Geschichtsunterricht.  

(Rita Stachowitz ist Lehrerin für Geschichte und Gemeinschaftskunde an der 101. Oberschule Dresden „Johannes Gutenberg")