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Jasmin Pützer, 02.02.2018

Rezension zur DVD „Erster Weltkrieg III – Der Versailler Vertrag und die Folgen“

Mit der aktuellen Neuerscheinung der Anne Roerkohl GmbH „Der Versailler Vertrag und die Folgen“ ist nun die dritte Folge der DVD - Reihe zum Ersten Weltkrieg erschienen. Nachdem die erste Folge den Kriegsausbruch, den Krieg an der Westfront und Ostfront sowie die Materialschlachten thematisiert und die zweite Folge das Kriegsende, die Kriegsmüdigkeit und den Kriegsalltag an der Heimatfront fokussiert, wird im dritten Teil nun ein besonderer Schwerpunkt auf die schwierigen Friedensverhandlungen in Versailles und deren Folgen für Deutschland gelegt.

Mit einem übergreifenden Hauptfilm, in dem die Friedenskonferenz in Versailles und deren Ergebnisse im Vordergrund stehen, und fünf vertiefenden Modulen, in denen neue Filmformate angeboten werden, eignet sich die DVD hervorragend für den Einsatz im Geschichtsunterricht in den Sekundarstufen I und II. Die passenden didaktischen Begleitmaterialien können unter www.geschichte-interaktiv.de bezogen werden. Alle Filmmodule liegen auch in einer englischen Sprachfassung vor und können damit sehr gut auch im bilingualen Geschichtsunterricht oder aber auch im Englischunterricht eingesetzt werden.

Der 31-minütige Hauptfilm thematisiert die Lage in Europa nach dem Ersten Weltkrieg. Nachdem zuerst die Situation der Menschen nach Kriegsende geschildert wird, wird anschließend der Blick auf den 14-Punkte-Plan des amerikanischen Präsidenten Woodrow Wilson und das Selbstbestimmungsrecht der Völker gelenkt. Der Film zeigt einige „Brandherde der Welt“, die die Friedenskonferenz löschen soll, geht auf die Ergebnisse dieser Konferenz ein und gibt abschließend auch einen Ausblick auf die weitere Entwicklung nach dem Versailler Vertrag in Deutschland.

Bei dem ersten Modul handelt es sich, wie auch bei dem Hauptfilm, um das Filmformat „Geschichte im Film“, also um einen klassischen Unterrichtsfilm, der sich sowohl kapitelweise als auch in kompletter Länge (25 Minuten) einsetzen lässt. Er vertieft die Inhalte des Hauptfilmes und geht dabei insbesondere auf die Lage Deutschlands ein. Hierbei werden auch noch einmal ausführlich die Bedingungen des Friedensvertrages für die Kriegsverlierer beleuchtet.

Die Informationen werden in beiden Filmen wieder hervorragend durch animierte Karten, (animierte) Karikaturen, historische Zitate, Fotos, Ausschnitte von originalen Filmaufnahmen und natürlich durch die bekannten Beiträge der Historiker veranschaulicht.

Modul 2 zeigt den Zerfall der Imperien nach 1918 in Karten. In diesem neuen Filmformat werden historische Zusammenhänge anhand von animierten Karten, Interviews und Filmmaterial anschaulich erklärt. Die einzelnen Kapitel dieses Moduls lassen sich jedoch nur einzeln abspielen. Im ersten Teil „Selbstbestimmungsrecht und Minderheiten“ wird zuerst ein Überblick über die ethnischen Zusammensetzungen der Imperien „Österreich-Ungarn“, „Osmanisches Reich“ und „Russisches Zarenreich“ gegeben, bevor diese in den nachfolgenden Abschnitten jeweils detailliert erläutert werden.

Im dritten Modul wird dank des neuen Formats „Geschichte in Standpunkten“ den Expertinnen und Experten der Raum gegeben, den Versailler Vertrag zu bewerten und Stellung zu diesbezüglichen Thesen und Fragestellungen zu beziehen. Ulrich Herbert (Universität Freiburg), Manfred Berg (Universität Heidelberg), Jörg Baberowski (Humboldt-Universität Berlin), Gerd Krumeich (Universität Düsseldorf) und Kerstin von Lingen (Universität Heidelberg) nehmen Stellung zu den vier Fragen:

- War nach dem Grauen des 1. Weltkrieges überhaupt noch ein Friede möglich?

- Was waren die Stärken und Schwächen des Völkerbundes und inwieweit war er richtungsweisend für die Zukunft?

- Inwieweit hat sich Europa und die Welt nach dem Ersten Weltkrieg verändert?

- Worin zeigen sich die Auswirkungen des Zerfalls der Imperien bis heute?

Dieses Filmformat ist sehr bereichernd für den Unterricht und bietet durch die verschiedenen Standpunkte eine Basis für anregende Diskussionen in der Klasse, die mit Hilfe der gelungenen didaktischen Begleitmaterialien zu diesem Modul entsprechend angeleitet werden können.

Das neue Kurzfilmformat im vierten Modul nennt sich „Geschichte im Fokus“ und widmet sich in Längsschnitten drei verschiedenen Schwerpunkten. Zuerst wird die Bedeutung von Schloss Versailles als symbolträchtigem Ort in der Geschichte, insbesondere für Deutsche und Franzosen, dargestellt. Im zweiten Schwerpunkt wird die Entwicklung Polens von seiner dreifachen Teilung bis zur Neugründung thematisiert und im letzten Teil werden schließlich die Unterschiede in der Art und in den Prinzipien der historischen Friedenskonferenzen in Wien, Versailles und Potsdam sehr anschaulich erläutert. Die drei Kurzfilme geben einen guten Überblick über die historischen Hintergründe zum Versailler Vertrag, sind aber eher kurz gehalten. Insbesondere der Filmbeitrag zum Versailler Schloss bleibt eher oberflächlich. Im Gegensatz dazu ist jedoch der Überblick über die drei Friedenskonferenzen 1815 – 1919 – 1945 trotz seiner Kürze sehr informativ und hilfreich bei der historischen Einordnung der Pariser Friedenskonferenz.

Im letzten Modul „Geschichte in Texten“ präsentiert die Theatergruppe „Freuynde und Gaesdte“ aus Münster Ausschnitte aus der Literatur zum Ersten Weltkrieg, wie dem „Heeresbericht“ von Edlef Köppen, „Krieg“ von Ludwig Renn und „Im Westen nichts Neues“ von Erich Maria Remarque vor Kriegerdenkmälern. Hierbei wird der Widerspruch zwischen der staatlich verordneten Heldenverehrung, die sich in den Denkmälern widerspiegelt und dem persönlichen Kriegserleben, das die Literatur schildert, deutlich. Dieser Kontrast kann durch die entsprechenden Begleitmaterialien von den Schülerinnen und Schülern herausgearbeitet und diskutiert werden.

Die zu den einzelnen Filmmodulen passenden Unterrichtsmaterialien, die auf der Website im pdf-Format als Download bereitstehen, sind gut aufbereitet und basieren auf dem aktuellen Forschungsstand. Einsetzbar sind die Arbeitsblätter laut Angaben sowohl für die Sekundarstufe I als auch für die Sekundarstufe II, der Schwerpunkt liegt jedoch leider auf dem Einsatz in der Oberstufe und nur wenige der Materialien lassen sich so in der Mittelstufe einsetzen und die Arbeitsaufträge müssen erst entsprechend abgewandelt werden.

Vieles ist an den Materialien positiv hervorzuheben:

Sehr gelungen sind die vielen Methodenkarten, die die Schüler mithilfe entsprechender Leitfragen bei der Analyse und Interpretation der historischen Materialien unterstützen. Beobachtungsaufträge und abgedruckte Filmzitate unterstützen die Auswertung des Filmmaterials und zusätzliches Quellenmaterial dient zur Vertiefung des Themas. Außerdem werden einige Quellen, wie beispielsweise im Film gezeigte Karikaturen im Begleitmaterial noch einmal zur vertiefenden Analyse und Interpretation angeboten. Die Materialien sind kompetenzorientiert aufgebaut und es lassen sich einige ansprechende handlungsorientierte Arbeitsaufträge finden.

Einige der Aufgaben im Begleitmaterial sind sehr anspruchsvoll gestaltet. So soll beispielsweise eine eigene Karikatur entworfen werden.

Für die englische Fassung der DVD sind im Übrigen alle gesprochenen Texte sowie die entsprechenden Glossare in der pdf-Datei zu finden.

Ich finde es schade, dass bei der Erstellung der Unterrichtsmaterialien bei dieser Folge kaum Rücksicht auf den Einsatz der DVD in der Sekundarstufe I genommen wurde. Hier wünsche ich mir in Zukunft mehr Differenzierungsangebote im Arbeitsmaterial – vielleicht sogar in Form von drei Niveaustufen? – um heterogenen Lerngruppen gerecht werden zu können.

Schließlich gefällt mir auch der Ansatz der kooperativen Aufgabenstellungen im Begleitmaterial, jedoch bin ich der Meinung, dass auch diese noch weiter ausgebaut werden können.

Fazit:

Die DVD „Erster Weltkrieg III – Der Versailler Vertrag und die Folgen“ bildet einen hervorragenden Abschluss der Reihe zum Ersten Weltkrieg. Endlich gibt es auch zu diesem zentralen Thema des Geschichtsunterrichts qualitativ sehr hochwertiges informatives und anschauliches Filmmaterial, das zudem speziell auf den Einsatz in der Schule abgestimmt ist.

Die neuen Kurzfilmformate sind sehr bereichernd für den Geschichtsunterricht: Die verschiedenen Standpunkte der Experten unterstützen die Lernenden bei der Urteilsbildung und regen zu Diskussionen an, die animierten Karten veranschaulichen und erklären historische Zusammenhänge und die Geschichte im Fokus liefert durch die Betrachtung historischer Ereignisse im Längsschnitt geschichtliche Hintergründe zum besseren Verständnis.

Die didaktischen Begleitmaterialien sind gut aufbereitet und insbesondere für den Einsatz in der Sekundarstufe II geeignet. Eine weitere Differenzierung zum Einsatz in heterogenen Lerngruppen in der Sekundarstufe I wäre für die zukünftigen Produktionen wünschenswert.

Aufgrund der Länge der einzelnen Module, sowie der Möglichkeit, auch einzelne Kapitel sinnvoll einzusetzen, eignet sich die DVD sehr gut für den praktischen Unterrichtseinsatz. Die einzelnen Filme sind, wie immer, sehr anschaulich, motivierend, sachlich und historisch fundiert gestaltet.

Die DVD „Erster Weltkrieg III – Der Versailler Vertrag und die Folgen“ ist absolut empfehlenswert!

(Jasmin Pützer ist Lehrerin für Deutsch und Geschichte an der Realschule plus und Fachoberschule in Konz.)