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H-Soz-Kult, 29.06.2017

Rezensiert für H-Soz-Kult von: Sabrina Nowack, Neuere Geschichte, Philipps Universität Marburg

Das Thema Absolutismus gehört für die Schülerinnen und Schüler auf den ersten Blick vielleicht nicht zu den beliebtesten Inhaltsfeldern, die im Geschichtsunterricht behandelt werden. Doch bietet der Medieneinsatz eine Chance den Unterricht schülernah und anschaulich zu gestalten, was mit der vorliegenden Schul-DVD gelingen sollte. Anne Roerkohl verzichtet zwar auf Animationen und spielfilmerische Szenen und legt den Schwerpunkt auf historisches Bildmaterial, Schwenks über historische Gebäude, narrative Sequenzen und Experteninterviews, doch wirkt diese Aufmachung auf die Schülerinnen und Schüler im Gegensatz zur üblichen Quellen- und Schulbucharbeit motivierend. Zudem vermittelt die sachorientierte Darstellungsweise den wissenschaftlichen Anspruch des Materials, der zudem den aktuellen Forschungsstand wiedergibt. Letzteres wird mittels Interviewausschnitten von Historikerinnen und Historikern unterstrichen.

Die vorliegende DVD behandelt den Absolutismus im 18. Jahrhundert unter dem Einfluss der Aufklärung. Neben einem circa 30-minütigen Hauptfilm, der einen Überblick über die Ideen der Aufklärung und ihren Einfluss auf die Monarchen Friedrich II. von Preußen und Maria Theresia von Österreich gibt, wird das Angebot um vier Module, die im Unterricht unabhängig vom Hauptfilm eingesetzt werden können, erweitert. Die Module umfassen Filmmaterial von 12 bis 22 Minuten. Modul eins stellt den Monarchen Friedrich II. von Preußen in den Mittelpunkt, während Modul zwei seine Widersacherin Maria Theresia von Österreich thematisiert. Modul drei gibt einen Überblick über die Höfische Kultur, die Etikette, Mode und Feste zur Zeit des aufgeklärten Absolutismus. Modul vier behandelt am Beispiel des Wörlitzer Parks die Umsetzung des aufklärerischen Gedankens im Bereich des Garten-Landschaftsbaus in Abgrenzung zur barocken Gartenbaukunst.

Der Hauptfilm behandelt die Zeit des späten, aufgeklärten Absolutismus. Der Schwerpunkt des ersten Teils des Films liegt bei der Regentschaft Friedrichs II. von Preußen, der sich, fasziniert von dem modernen Gedanken der Aufklärung, mit großen Denkern und Philosophen, wie Voltaire, umgab. Friedrichs Selbstinszenierung als philosophischer König und als "Erster Diener des Staates" wird dabei besonders hervorgehoben. Der Film hebt sowohl auf Friedrichs Reformen, aber auch auf die Grenzen seiner Toleranz, die am Beispiel seines Umgangs mit der jüdischen Bevölkerung Preußens veranschaulicht wird, sowie auf sein zeitweises Zerwürfnis mit Voltaire ab.

Darüber hinaus stand Friedrichs Selbstanspruch eines aufgeklärten Landesherrn seine Kriegsführung gegen Österreich in Schlesien im Rahmen des Siebenjährigen Kriegs entgegen. Der Film verdeutlicht nicht nur die innereuropäischen Folgen dieses Krieges, sondern hebt auch auf seine globalen Auswirkungen - etwa in den Kolonien europäischer Großmächte - ab.

Der aufgeklärte Absolutismus in Österreich wurde vor allem von Kaiser Josef II., dem Sohn Maria Theresias, vorangetrieben. Zum Leidwesen seiner streng katholischen Mutter strebte der aufgeklärte Rationalist eine Umgestaltung der politischen Verhältnisse in seinem Land an. Zudem empfand Josef II. tiefe Bewunderung für Friedrich II. von Preußen – dem Widersacher seiner Mutter. Trotz allen Reformwillens sollte nach Josefs Willen die Macht jedoch beim Machthaber bleiben und sein Herrschaftsanspruch nicht infrage gestellt werden. Am Ende scheiterte diese "Revolution von oben".

Der Hauptfilm vermittelt am Ende einen Ausblick auf die Französische Revolution, die jedoch in eine Schreckensherrschaft mündete. Sowohl hier, als auch an anderen Stellen bietet der Film zahlreiche Anknüpfungspunkte zu weiteren Aspekten der Zeit des Absolutismus oder anderen Inhaltsfeldern des Geschichtsunterrichts.

Im Modul eins über Friedrich II. von Preußen werden Schwerpunkte auf dessen Jugend und Erziehung sowie seine Kriege und Reformen gelegt. Der Roerkohl-Produktion gelingt es hierbei den Monarchen anhand seiner Eigenschaften als Krieger und Künstler sowie als Aufklärer und Alleinherrscher als ambivalente Figur darzustellen - Ein "König mit Licht und Schatten".

Einen ähnlichen Aufbau weist das Modul über Maria Theresia auf, das ebenfalls in drei Kapitel gegliedert ist. Hervorgehoben wird einerseits der ungewöhnliche Weg zur Regierungsübernahme der Regentin und der Einfluss, den Maria Theresias Geschlecht auf ihre Wahrnehmung im politischen Europa hatte. Andererseits wird sie als starke Herrscherin dargestellt, die weder Kriege noch Reformen scheute und dabei geschickt taktierte. Damit erscheint auch Maria Theresia als widersprüchliche Figur, die einerseits Neuerungen durchsetzte und andererseits, wenn auch aus der Ferne, als selbstbewusste Kriegsherrin auftrat.

Über das jährlich stattfindende Barockfest in Gotha wird in Modul drei in das Thema "Höfische Kultur" eingeführt. Mit Hilfe von Aufnahmen dieses Fests wird den Schülerinnen und Schülern sehr anschaulich ein Überblick über die Bedeutung bestimmter Kleidungsstücke, die "Fächersprache" oder auffälliges Makeup gegeben.

Der Schwerpunkt des vierten Moduls liegt auf der Umsetzung des aufklärerischen Gedankens im Bereich des Gartenbaus. So galt der Wörlitzer Park in der Zeit der Aufklärung als Idealbild eines Landschaftsgartens. Dabei fungierte der englische Garten-Landschaftsbau als Vorbild für den Park, der im Sinne einer "Ästhetik der Freiheit" angelegt war. Im Gegensatz zu den Barockgärten sollten Natur und Kunst im Gleichgewicht sein. Durch aktuelle Aufnahmen und zeitgenössische Darstellungen sowie Vergleiche mit Barockgärten werden den Schülerinnen und Schülern die zentralen Merkmale dieser Gartenbaukunst aufgezeigt und Verbindungen zum aufgeklärten Absolutismus hergestellt.

Die DVD bietet ein übersichtliches Menü, das auch den Zugriff auf einzelne Kapitel der insgesamt fünf Filme, die mit treffenden Überschriften versehen sind, erlaubt. So ist der Hauptfilm beispielsweise in fünf Kapitel gegliedert. Dies erleichtert den gezielten Medieneinsatz im Unterricht. Daneben ist das gesamte Material der DVD sowohl in deutscher als auch in englischer Sprache aufbereitet worden.

In den Modulen finden sich zudem zahlreiche Anknüpfungspunkte zum Hauptfilm, was einen flexiblen und aspektorientierten Einsatz im Unterricht ermöglicht. Der identische Aufbau der Module eins und zwei sowie die Gegenüberstellung der Monarchen Friedrich II. und Maria Theresia lassen einen direkten Vergleich der Herrschaftspraxen zu. Darüber hinaus werden komplexe Verbindungen zwischen Herrscherhäusern und Bündnisse sowie ihre Veränderungen - wenngleich didaktisch reduziert - gut und funktional über Grafiken und bebilderte Cluster veranschaulicht.

Ein umfangreiches PDF-Dokument ergänzt das Angebot der DVD. Dieses didaktische Begleitmaterial beinhaltet weitere Materialien und Arbeitsaufträge zu den einzelnen Filmen und ist als Web-Download erhältlich. Für den bilingualen Geschichtsunterricht enthalten die Begleitmaterialien lediglich Glossaries und englische Sprechertexte zu den Filmen.

Wenngleich die DVD aufgrund ihrer didaktischen Reduktion lediglich einen kleinen Ausschnitt der Geschichte des aufgeklärten Absolutismus zeigt, sich dabei auf zwei Herrscherpersönlichkeiten konzentriert und sich damit hauptsächlich auf Preußen und Österreich beschränkt, bieten die Filme zahlreiche Einsatzmöglichkeiten in einem medienorientierten Geschichtsunterricht in deutscher und englischer Sprache. Ihre Stärken liegen in ihren Einsatzmöglichkeiten in der Mittel- und Oberstufe und ihrem Potenzial für einen passgenauen Einsatz in das Unterrichtsgeschehen. Darüber hinaus bietet das Material zahlreiche Anknüpfungsmöglichkeiten an andere Inhaltsfelder des Geschichtsunterrichts, wie beispielsweise die Französische Revolution oder den europäischen Imperialismus.

URL zur Zitation dieses Beitrages <http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/rezensionen/2017-2-204>